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Krise bei VW – was passiert im Norden?

Krise bei VW – was passiert im Norden?
NO3
Mo, 02.12.2024 | 22:00 - 22:45

Gesellschaft (D,A 2024)

Der September 2024 geriet für den Volkswagen-Konzern zum ersten Krisenmonat auf offener Bühne. Zuerst kündigte die Konzernleitung die seit 1994 geltende Beschäftigungsgarantie. Damit werden vor allem in Norddeutschland Entlassungen und ganze Werkschließungen möglich, die der Vorstand angeblich plant. Die aufziehende Krise beim größten privaten Arbeitgeber Deutschlands droht dadurch auch ein verheerendes Signal über den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu senden. Wie ist VW in diese Krise geraten und welche Auswege gibt es? Für diese NDR Dokumentation haben die Autorinnen und Autoren VW-Beschäftigte während der Tarifverhandlungen begleitet und sowohl die Konzernleitung als auch den mächtigen Betriebsrat ausführlich zu ihren Sichtweisen befragt. Findet sich keine für beide annehmbare Lösung, droht ein langer, für alle zermürbender Konflikt. Luigi Catapano macht sich wie Zehntausende von VW-Beschäftigten, vor allem im Norden Deutschlands, Sorgen. Seit der Vorstand am 2. September offen die traditionelle Jobgarantie aufkündigte, hat sich auch sein Alltag verändert. Nun macht der 50-Jährige seinem Unmut auch vor dem Werkstor Luft, gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen von der IG Metall. Luigi ist VWler durch und durch. Sein Großvater kam einst als Gastarbeiter aus Italien nach Wolfsburg. Und auch sein Sohn arbeitet bei Volkswagen. Das Haus hat die Familie noch nicht abbezahlt, jetzt macht sich Zukunftsangst breit. So geht es auch Marvin aus Emden. Er baut für VW den ID4 zusammen, das VW-Elektromodell für die Mittelklasse, das sogar den Golf als Verkaufshit ablösen sollte. Doch der Absatz stockt. Die Fabrik in Emden ist gerade noch zur Hälfte ausgelastet. Das drückt auf die Produktivität. Auch deshalb will VW jetzt sparen, stellt Personal und Standorte zur Disposition. Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) beim Werksbesuch vage Hoffnung macht, wächst bei VWlern wie Marvin und Luigi die Sorge. Wie konnte der Traditionskonzern so tief in die Krise rutschen? Eine der Ursachen ist der Konkurrenzdruck aus China. Über Jahrzehnte hin war Volkswagen dort mit seinen lokalen Partnern Marktführer. Aber seit ausgerechnet Chinas Führung voll auf Elektroantrieb setzt, verlieren die deutschen Hersteller Marktanteile. ARD-China- Korrespondent Jörg Endriss zeigt für die NDR Doku, wie rasant sich der Markt in China verändert und welche Pläne die chinesischen Autobauer ihrerseits für Europa haben. Zwar verkauft China bisher nur wenige Modelle auf dem deutschen Markt. Aber das könnte sich bald ändern. Davon ist Birgit Priemer, die Chefredakteurin von "Auto Motor und Sport", überzeugt. Ausgerechnet die chinesischen E-Modelle, glaubt sie, werden auch den deutschen Markt erobern. Tatsächlich steckt die Automobilindustrie weltweit in der größten Transformation ihrer Geschichte. Und es ist weiter unklar, wie lange diese Übergangsphase dauern wird. Das Auto wird dabei auch mehr und mehr digitalisiert und vernetzt. Das Herzstück eines Pkw wird demnach nicht mehr der Motor, sondern die Software und die Batterie sein. Gerade hier aber haben viele deutsche Hersteller Schwächen. Gleichzeitig tun sich die die deutschen Autokund*innen besonders schwer mit der Elektromobilität. Die Anschaffungskosten erscheinen zu hoch, die staatliche Förderung lief aus. Und gerade die Deutschen hängen an ihrem Verbrenner. Genau in dieser Zeit des Umbruchs steht bei VW die neue Tarifrunde an. Sieben Prozent mehr Lohn und Gehalt fordert Daniela Cavallo, die Vorsitzende des traditionell mächtigen Betriebsrats. Nach Ansicht von Konzernchef Oliver Blume würde ein solcher Lohnabschluss die Krise noch verschärfen. Ein Machtkampf zeichnet sich mithin ab. Die Vorzeichen für die Verhandlungen für einen neuen Haustarifvertrag bei VW, der immer auch wegweisend für die gesamte Branche war, sind düster. Die Autorinnen und Autoren der NDR-Doku sprechen darüber mit Betroffenen aus Wolfsburg, aus Emden und aus dem sächsischen Zwickau. Ausführlich äußern sich zudem VW-Vorstand Thomas Schäfer und Betriebsratschefin Cavallo vor der Kamera.