Grüne Fonds, die große Illusion?
Wirtschaft (CH,F 2022)
Der Planet hat sich in den letzten hundert Jahren im Durchschnitt um 1,2 Grad Celsius erwärmt. Um die Erde zu retten, braucht es massive Veränderungen. Inzwischen scheint sogar die Wirtschaftswelt an den Punkt gekommen zu sein, sich selbst infrage zu stellen: Die Textilbranche stellt auf Fair Trade um, die Lebensmittelbranche auf Bio, und auch die Finanzwelt will grüner werden. Deshalb gibt es seit einigen Jahren eine neue Kategorie: die sogenannten grünen Geldanlagen, die angeblich nur verantwortungsvolle Unternehmen unterstützen. Ein Markt, der geradezu explodiert. Die Zahl der Finanzprodukte mit dem Stempel "nachhaltig" hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Für die Banken und die Kunden ein gutes Geschäft, und der Trend geht weiter nach oben. Vor allem die Schweiz versucht, von ihrem Image als Steuerparadies loszukommen und zu einer Oase für grüne Finanzwirtschaft zu werden. Die Investigation beginnt in Genf. Die Stadt gilt als Vorreiter der europäischen Bankenzentren für diese neuen Finanzprodukte, die die Welt verändern sollen. Doch bei näherem Hinsehen und Recherchen in Frankreich, Belgien, Ägypten und New York offenbart sich, dass auch in den grünen Fonds große Öl- und Luftfahrtunternehmen mitspielen. Dass eine vorgeblich nachhaltige Firma Berge von Giftmüll unter freiem Himmel hinterlässt. Oder dass ein Skiparadies mitten in der Wüste durchaus einen Nachhaltigkeitsstempel erhalten kann. Das System ist wie ein Taschenspielertrick: Es hilft den umweltschädlichsten Unternehmen mit grünen Versprechen ihren Ruf zu verbessern und den Banken sich ein reines Gewissen zu kaufen. Doch wer legt eigentlich die Kriterien fest? Wer kontrolliert? Wie komplex ist der Übergang von einem traditionellen zu einem nachhaltigen Unternehmen? Wie gezielt wird Greenwashing betrieben? Und ist es letztlich doch nur eine Illusion, dass die Finanzwirtschaft für mehr Nachhaltigkeit sorgen kann? Das Versprechen einer grünen Finanzwelt betrifft – ob als private Kapitalanlage oder über den Umweg der Sozialversicherungen – alle Bürgerinnen und Bürger. Doch können sie auch Einfluss nehmen?