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Kirmes, Karussell und Riesenrad

Kirmes, Karussell und Riesenrad
ZDF
Mo, 23.09.2024 | 05:00 - 05:30

Abenteuer (D 2024)

Zwischen Krise und Kult – Schausteller sind Überlebenskünstler. Erst kam Corona, dann Inflation. Harte Zeiten für die Branche. Die Reportage zeigt zwei Familienbetriebe, die durchstarten. Die Deutschen lieben ihre Volksfeste. Etwa 5600 Schaustellerunternehmen gibt es hierzulande, mit rund 30.000 Beschäftigten. Viele der Unternehmen existieren seit Generationen – ein Stück Kulturgut. Und doch steht jede Generation vor neuen Herausforderungen. Seppel Müller ist Teil einer großen Schaustellerfamilie aus Sachsen. Neben seiner Frau Marie und Sohn Elvis junior sind auch Seppels Eltern immer mit dabei. Clara und Elvis senior waren schon vor der Wende als Schausteller in der DDR unterwegs. Das Karussell haben sie kurz nach der Wende gekauft. Lange hat es der Familie bescheidenen Wohlstand gebracht. Dann wurde es von Jahr zu Jahr schwieriger – bis der Sohn wieder frischen Wind hineinbrachte. "Es funktioniert nur, wenn du aus der Masse rausstichst", sagt der junge Chef Seppel. Wo andere nur den Startknopf drücken und ein paar flotte Sprüche raushauen, heizt er den Fahrgästen mit seinem Karussell "Entertainer" durch Techno-Beats und Laser-Show ein. Der Umbau brachte Erfolg: "Die Musik ist mein Gamechanger. Jetzt kann ich's wieder mit jedem aufnehmen. Ich musste aber erst mal viel Geld in die Hand nehmen!" Auf der "Annaberger Kät" – dem größten Volksfest im Erzgebirge – sind die Müllers mit ihrem Karussell jedes Jahr. Gerade bei den Jüngeren kommt das Techno-Konzept gut an. Schon zur Eröffnungsfahrt drängeln sich die Menschen vor dem Kassenhäuschen. "Das geht den ganzen Tag so – bis zur letzten Fahrt." Allerdings kann Regen alles verderben. "Regen ist eine Katastrophe für uns. Dann passiert es schnell, dass wir 'mit Miese' rausgehen." Daher müssen er und seine Familie an den guten Tagen so viel verdienen, dass sie das ganze Jahr ein vernünftiges Auskommen haben. Das Schützenfest in Hannover ist das größte Schützenfest der Welt. Familie Burghard wird dieses Jahr ihr Riesenrad dort aufstellen. Seit über 140 Jahren im Riesenradgeschäft, sehen Michael und Susanne Burghard oft monatelang nicht ihr Zuhause in Dortmund. "Wir sind auf der Kirmes groß geworden." Auch Sohn Michael jr. ist fest im Familienunternehmen integriert. "Und die siebte Generation ist auch schon unterwegs!" Der 24-Jährige erwartet in wenigen Wochen Nachwuchs. Michael Burghard ist mit Leib und Seele Schausteller, aber er ist dieser Tage mächtig frustriert: "Wir reglementieren in Deutschland alles kaputt", sagt er. "Die Schraube muss dringend ein Stück zurückgedreht werden." Auch klagt er über hohe Gebühren und Kostendruck. Durch gestiegene Lohnkosten sei auch das Auf- und Abbauen in den letzten Jahren deutlich teurer geworden. "Das bedeutet für uns, dass sich manche kleinere Volksfeste gar nicht mehr lohnen." Die "ZDF.reportage" begleitet Schausteller – ein Blick hinter die Kulissen einer traditionellen Branche im Wandel.