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Angriff auf den Amateurfußball

Angriff auf den Amateurfußball
PHX
Fr, 29.11.2024 | 01:30 - 02:15

Sport (D 2024)

In Deutschland sind Wetten auf den Amateurfußball laut Glücksspielstaatsvertrag unzulässig, dennoch kassiert die Wettindustrie offenbar auch hier ab. Denn nach Recherchen des BR landen auch deutsche Amateurspiele in großer Anzahl auf dem internationalen Wettmarkt. Vereine und Spieler wissen davon oft nichts, sie gehen bei dem globalen Geschäft ohnehin leer aus. Und nicht nur das: Auf dem Spiel steht auch die Integrität des Lieblingssports der Deutschen, denn auch dem Amateurfußball droht so eine Manipulation von Ergebnissen. Die Dokumentation von BR und NDR taucht tief in die Welt des deutschen Amateurfußballs ein, etwa in der Bayernliga und in der Bremen-Liga. Ein Team aus Investigativjournalisten und Datenexperten deckt auf: Hunderte Spiele aus Amateurligen in Deutschland werden auf internationalen Wettportalen angeboten, auch auf deutsch. Ein Milliardengeschäft. "Sportwetten sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen mit den entsprechenden Folgen: Glücksspielsucht, Matchfixing, Geldwäsche, Kriminalität", sagt der Suchtforscher Tobias Hayer von der Universität Bremen im Film. Spieler und Vereine sind meist ahnungslos. Zum Beispiel der Kirchheimer SC, ein Verein aus der Bayernliga. Dort erfährt man erst durch die BR-Journalisten, dass Buchmacher mit ihren Spielen Geld verdienen, und ist empört. Die Spieler sind Amateure, ihnen bringt der Fußball nur ein Taschengeld. "Da sollte die Leidenschaft zählen, der Kampf auf dem Platz und einfach der Spaß am Sport. Ich finde, gegen die Wettindustrie sollte vorgegangen werden", sagt ein junger Amateurspieler. Doch so einfach ist das nicht. Zunächst müssen die Rechercheure das Schlupfloch im System finden. Denn die Wettportale arbeiten auch hier mit Livedaten der Spiele, selbst wenn niemand die Amateurliga-Spiele überträgt. Wie also kommen die Informationen über Freistöße, gelbe Karten und Tore in Echtzeit auf die Seiten der Buchmacher? Der Verdacht: Es muss jemanden geben, der die Daten vor Ort erhebt und weiterleitet, die sogenannten Datenscouts. Der Kirchheimer SC will das nicht hinnehmen. Mit den Datenjournalisten im Hintergrund machen sich die Vereinsverantwortlichen auf die Suche, um den Scout zu stellen. Und damit erledigen sie einen Job, den eigentlich andere machen müssten. Brisant: Es geht nicht nur um unbekannte Wettanbieter. Es geht auch um die ganz großen Player im Geschäft, um Sponsoren der Fußball-Europameisterschaft 2024, von Bundesligaclubs und sogar des DFB. Wie kann das sein? Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder, kurz GGL, ist zuständig für die Überwachung des Wettmarkts und zeigt sich überrascht von den Recherchen des BR. Sie verspricht, dem nachzugehen, sieht aber am Ende keinen Handlungsbedarf. Weil sich die Wettangebote auf internationalen Wettportalen befänden, könne man nicht dagegen vorgehen. Ahnungslos auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB): Ronny Zimmermann, als 1. Vizepräsident Amateure/Regional- und Landesverbände zuständig für den Amateurfußball im DFB, sagt im Interview: "Also ich tummele mich jedes Wochenende auf Amateurfußballplätzen und ich habe das Thema noch nie erzählt bekommen." Dass unter den Buchmachern, die deutsche Amateurspiele im Ausland anbieten, auch ein DFB-Sponsor ist, stört ihn nicht: "Wenn ein Partner auf einem anderen Markt die Regelungen so anwendet, wie sie dort sind, finde ich das legitim." Der DFB werde sich aber jetzt mit dem Thema auseinandersetzen. In Kirchheim wollen sie nicht darauf warten. "Datensammeln für Wettanbieter verboten" steht auf dem Schild, das der Verein inzwischen am Platz angebracht hat.